Nachdem wir einige Kilometer vor und nach Coihaique noch gejubelt hatten über gut präparierte Asphaltstrasse, entschieden wir uns schon nach 10 km wieder für eine Schotterpiste. Irgendwie passt der holprige Untergrund, mit weit weniger Verkehr, einfach trotz aller unbestrittenen Nachteile besser zur wilden Natur hier. Wenn dann aber trotzdem Autos vorbeibrausen, und das tun sie zweifelsohne auch auf den übelsten Pisten, nebelt uns der aufgewirbelte feine Sand regelrecht ein. Eine für uns nachteilige Konsequenz des regenfreien Wetters mit zwischen 30-35 Grad, welches wir aber durchaus auch sehr geniessen!
Die vielen Flüsse und Seen bieten eine willkommene Erfrischung und geben uns die Möglichkeit, uns abends vom angesammelten Dreck, Staub, Schweiss und reichlich aufgetragener Sonnencreme zu befreien.
Die vorhandenen knackigen Anstiege sind teilweise schwierig zu fahren. So spulen wir nicht selten und da gibt es Momente in denen es unvermeidbar ist, das Velo auch mal einige Meter zu schieben. Dies ist aber nicht einmal unbedingt viel einfacher, denn auch die Füsse finden wenig halt auf dem rutschigen Boden.
Die vergangenen Tage kamen wir uns vor wie im Spiel, bei dem man eine Kugel auf einem Brett mit Löchern zum Ziel bringen muss, ohne dass sie in eines fällt. Etwa so zirkeln wir an den Strassenlöchern, welche mit Kinderbadewannen vergleichbar sind, vorbei und versuchen, nicht hineinzufallen. Das gelingt uns natürlich nicht immer. So haben wir es zu einem willkommenen Spiel gemacht, auf den kurzen und seltenen asphaltierten Strecken unseren Geschwindigkeitsrekord zu verbessern. Aktuell liegt er bei knapp über 71 km/h.
Im Nationalpark Queulat erlebten wir beide zum ersten mal einen Regenwald. Wir deponierten unsere Räder und bestaunten zu Fuss den Bosque Encantado (verwunschener Wald): unterschiedlichstes Grün, riesige Farn- und Nalcablätter sowie Bambusstauden, überall kleine Blümchen als Farbtupfer zwischen diversen Flechten und Moosen, welche die Baumstämme umkleiden.
Das rauschen der Wasserfälle und Bäche, das Zwitschern von Kolibris und anderen Vögeln sowie das mystisch einfallende Sonnenlicht trugen dazu bei, dass wir uns wie in eine Traumwelt versetzt fühlten.
Ein Wald wie im Märchen, nur wenige Meter von der Strasse entfernt und fast ohne andere Touristen. Diese Vielfalt der Natur ist einfach bewundernswert und wir genossen den Abstecher in vollen Zügen.
Nachdem wir wieder einmal das Gefühl hatten, nicht vom Fleck zu kommen und uns über die Untergrundbeschaffenheit und die anscheinend defekte Wasserwaage beim Strassenbau beklagten, wurden wir ganz ohne Vorwarnung nach einer Kurve mit dem genialen Blick auf den Hängegletscher "Ventisquero Colgate", welcher sich 22km vor Puyuhuapi befindet, überrascht. Dieser Anblick gab uns Energie und neue Motivation möglichst rasch unserem Ziel entgegen zu radeln und die Strassenverhältnisse gerieten im Nu in den Hintergrund.
Leider sahen wir am nächsten Morgen den Gletscher nur ganz kurz und unvollständig. Entweder befand sich der Gletscher selber oder aber dessen beide Wasserfälle in dichtem Nebel. Dafür genossen wir ein spannendes Wolken-Sonnespiel. Der Abbruch eines grossen Stück Eises sah für uns aus als würde eine mächtige Schneemasse direkt aus den Wolken auf dem darunterliegenden nackten Felsen aufprallen.
Trotzdem ein wenig enttäuscht über den grau verhangenen Tag, gönnten wir uns einen Abstecher zu den Thermas von Puyuhuapi. Eine Bootsfahrt brachte uns zu einem edlen Hotel mit unterschiedlichen Pools mit 37-40 Grad warmem Wasser aus den naheliegenden warmen Quellen. So liessen wir es uns bei den etwas kühleren Temperaturen im heissen Wasser gut gehen. Die gesamte Hotelanlage teilten wir mit nur einem weiteren Paar.
Vergebens freuten wir uns auf ein üppiges Nachtessen, wie wir es sonst von den chilenischen Restaurants gewöhnt waren...Tja, edel wars, aber eben eine Mikroportion Gourmethäppchen für einen nicht ganz günstigen Preis. So freuten wir uns aufs edle Hotelzimmer mit Meersicht und verzehrten da noch unsere letzten Crackers und das wenige an Schokolade, welche wir noch übrig hatten. Dafür genossen wir die Thermas bei Mondschein nochmals umso mehr. Auch unsere Vorfreude auf das versprochene grosse Morgenbuffet wurde enttäuscht. Da entpuppten wir uns dann als hartnäckige gefrässige Touristen, die immer mal wieder um Nachschub bitten mussten. Denn schliesslich war das Buffet mit ein Grund, der unsere Entscheidung für den teuren Spass entscheidend mit beeinflusst hat.
Nun geniessen wir bereits wieder die Sonne in der sonst besonders regenreichen Umgebung von Puyuhuapi.
Liebe Grüsse
Marlis & Matthias
P.S. Vom Tsunami und Erdbeben in Chile haben wir erstmals am 27.2.2010 von einem Jungen gehört. Wir haben seine Information zur Kenntnis genommen. Jedoch hat es uns nicht weiter beschäftigt, denn unsere Kommunikation war ziemlich von Missverständnissen und Annahmen geprägt. Etweder ist sein Spanisch so undeutlich oder unseres so dürftig :-).
Erst zwei Tage später haben wir unterwegs von einem chilenischen Reiseführer einer anderen Reisegruppe genauere Infos erhalten. In Puyuhuapi haben wir Touristen getroffen, die ihren Heimflug verschieben mussten und Einheimische, deren Verwandte nun zum Teil in Zelten wohnen, weil ihre Häuser kaputt sind.
Wir haben von allem nichts gespürt. Uns geht es sehr gut, ihr müsst euch also keine Sorgen machen. Inwiefern es unsere Weiterreise beeinflussen wird, können wir noch nicht sagen. Wir werden vorzu abklären, wie die Lage ist.
Donnerstag, 4. März 2010
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3 Kommentare:
Hoi zäme,
es tut trotzdem gut, wieder von euch zu hören und zu wissen, dass es euch tatsächlich gut geht! :)
Gabriel
Hallo Marlis & Matthias,
fast täglich schauen wir (sehr neidisch) in Euerem Blog nach wo Ihr seid und wie es Euch geht. Dabei verfestigt sich immer mehr unser Entschluss, noch einmal (per Rad) zur Carretera Austral zurück zu kehren.
Uns hat in Berlin schon wieder die Alltagsroutine eingeholt. - Wehmütig übertrage ich mein handgeschiebenes Reisetagebuch auf meine Homepage und werde - wie schon eingangs erwähnt - immer neidischer auf Euch werdend ...
Alles Gute weiterhin, wir melden uns wieder.
Arno & Brigitte
Sali zämä
Äs isch mega edel, vo eurer Reis zlässä und äs macht eim richtig niedissh. I wünsch eu no alles guäti bi eurer Reis und gnüssets i vollä züg!
Gruss Choice
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