Donnerstag, 18. März 2010

Isla Grande de Chiloé: Panikmache und abermals Schotter...

Noch während unserem letzten Blog-update wurden wir "durchgeschüttelt": Zwar nicht vom weiter im Norden für Unruhe sorgenden Erdbeben, sondern von der daraufhin ausgelösten vorsorglichen Tsunamiwarnung. Die Internetcafé-Besitzerin teilte uns mit, dass sie sofort schliessen müsse wegen einer Tsunamiwarnung. Draussen auf der Strasse stellten wir fest, dass viele Leute unterwegs waren und die Autos sich nervös im Verkehr tummelten. Wir begaben uns in die Höhe und versuchten, weitere Informationen zu erhalten. Die Warnung wurde bestätigt, obwohl wir kaum glauben konnten, dass die dem Ozean abgewandte Seite der Insel von einem so gefährlichen Tsunami heimgesucht werden könnte. Mit uns befanden sich diverse weitere Leute sowie ein ganzer Kindergarten auf der Anhöhe. Die Lage schien wirklich ernst zu sein. Von den uns umgebenden Leuten waren keine klaren Infos erhältlich, ausser dass es in Puerto Montt noch gefährlicher sei...
Na ja, nach über zwei Stunden warten ohne Entwarnung begaben wir uns wieder auf den Weg Richtung Unterkunft. Wir mussten feststellen, dass entgegen der Hysterie auf der Anhöhe das Leben unten ganz normal weiter ging. Einzelne Leute machten sich gar lustig über die bei anderen Leuten ausgebrochene Panik. Der Hostelbesitzer bestätigte uns, dass die vorsorgliche Tsunamiwarnung "nur" für Conception gelten würde und in Quellon überhaupt keine Gefahr bestünde. Im Fernsehen konnten wir uns selber auch noch ein Bild machen und fühlten uns wegen der erlittenen Panikmache ziemlich verarscht (äxgüsi). Dies obwohl wir auch Verständnis aufbringen können, nach so vielen Beben und der ersten, ausgebliebenen Tsunamiwarnung. Viele haben eventuell Verwandte oder Bekannte, die direkt vom Erdbeben oder dem ersten Tsunami betroffen sind. Wir beschlossen, nochmals eine Nacht in Quellon zu verbringen um am nächsten Tag erholt abfahren zu können.

Auf Teer ging es dann bis nach Castro. Wir fühlten uns so wohl auf diesem Belag, dass wir gleich unseren Tageskilometerrekord auf 85 km erhöhten. Es war richtig schön, einmal so vorwärts zu kommen. Dafür hatten wir den Eindruck, von der Insel gar nichts mitzubekommen.


Wir buchten also zwei Nächte in unserem "Palafito"-Hostel (Pfahlbau, das gelb-rote auf dem Bild oben) und besuchten am Tag darauf mit Bus den Nationalpark Chiloé, wo wir mit dem bedrohlichen Pazifik in Kontakt kamen und die etwas andere Küstenvegetation kennen lernten.

Statt anschliessend wieder auf der (vielbefahrenen) Hauptstrasse nach Norden weiter zu fahren, versuchten wir es mit einem Umweg über Dalcahue und Quemchi nach Ancud. Ersteres lohnte sich durchaus, weil wir auf dem geschäftigen Sonntagsmarkt Leckerbissen aus einheimischer Küche probieren konnten. Zweiteres enttäuschte uns wegen einer abermaligen Irrfahrt auf unmöglicher Strasse und dann mit schlechtem Schotter auf der richtigen Strasse. Irgendwie hatten wir jetzt genügend Schotter gesehen und nicht den Eindruck, dass sich die Strapazen hier lohnen würden. Die Landschaft war eine Mischung aus bewirtschafteter Landwirtschaftszone und patagonischer Vegetation, also beides uns vertraute Umgebungen.

Das spezielle an Chiloé sind die überall verteilten alten Holzkirchen. In Castro steht gar eine aus Holz gebaute Kathedrale. Diese ist sehr eindrücklich und im Vergleich zu den uns bekannten steinernen Bauten um ein vielfaches wärmer. Bilder konnten wir keine machen, weil wir es zweimal schafften, die Kathedrale während eines Gottesdienstes zu besuchen...

Unterdessen sind wir (wieder auf Teer) in Puerto Montt angelangt, wo wir mal wieder einiges zu erledigen haben, bevor es weiter Richtung Bariloche geht.

Liebe Grüsse vom chilenischen Festland
Matthias & Marlis

8 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Wir könnten Euch in Puerto Montt ein gutes Hotel empfehlen, waren ja schließlich (gezwungenermaßen) lange genug dort...;-)

Am besten hat uns der Ort eigentlich gefallen, als wir ihn endlich verlassen durften (aber das ist natürlich total subjektiv).

In Berlin wird es jjetzt Frühling!!!

Liebe Grüße

Gabriel hat gesagt…

Hallo ihr zwei,

ihr seid je extren nach Plan, was die Ankunft in Puerto Montt betrifft!

Und langsam aber sicher nähert ihr euch dem Erdbebengebiet. Plant ihr immer noch, den Bus zu nehmen? Ich würde mich gut über die Lage informieren, sonst könnte es unangenehm, wenn nicht gar gefährlich (wegen der Sicherheitsprobleme) werden.

Noch ein Hinweis eines Japan-Erfahrenen zu den Tsunamis, auch wenn ich nie direkt der Gefahr ausgesetzt war: Ich glaube über ausgebliebene Tsunamis sollte man eher erleichtert sein, statt sich über die falsche Warnung aufzuregen. Das Tückische an Tsunamis ist ja genau, dass man vielleicht vom Erdbeben nichts merkt, weil man weit weg ist, kurze Zeit später aber trotzdem von einer Welle verheerend weggespült werden kann - die Rückseite der Insel sehe ich zwar als Vorteil, nicht aber als Verunmöglichung einer Tsunami. (siehe Tsunami von 2006 http://movingimages.files.wordpress.com/2009/12/tsunami_sri_lanka.gif - Tsunami kam von Osten her) Also lieber einmal zuviel auf die Anhöhe, als einmal zuwenig! Denn davonrennen, wenn die Welle mal da ist, gelingt kaum mehr.

Alois-Erwin Kälin hat gesagt…

Hoi zusammen.
Sehr schöne Bilder! Besonders das grosse Panoramabild mit der Seenlandschaft gefiel mir ausserordentlich gut. Leider finden wir Euch diesmal auf keinem der Bilder. Habt ihr's verpasst?
Anstelle dessen präsentiert Ihr einen gelungenen Schnappschuss mit einer seltenen und grossen die Strasse überquerenden Familie ...

Danke für die präzise Auskunft über die Selbstauslöser-Aufnahmen. Ich hab' mir's schon gedacht, aber es könnte sein, dass ihr mal jemanden engagiert oder sich jemand anbietet. An der Aufnahme selbst merkt man meist nichts davon, dass ihr sie mit Selbstauslöser gemacht habt.

Gabriel stellt gute Überlegungen an und mich interessiert Folgendes:

Gabriel: "Plant ihr immer noch, den Bus zu nehmen? Ich würde mich gut über die Lage informieren, sonst könnte es unangenehm, wenn nicht gar gefährlich (wegen der Sicherheitsprobleme) werden."

Gabriel, was würdest Du raten? Schiff oder Flugzeug nehmen oder mit dem Fahrrad weiter fahren und weiter im Norden wieder Zeit gut machen? Sie haben ja auch die Vulkangefahr gut überstanden ... und wissen, dass "Glück" dazu gehört.

Matthias und Marlis, bis jetzt seid Ihr gut dran, das ist erfreulich, und die Spannung steigt.
Der Frühling ist mit Temperaturen bis 18°C eingekehrt, obwohl es bei mir teilweise noch hohe Schneeverwehungen hat.

Heute hatten wir keine Verkehrs-Hindernisse zu bewältigen und konnten die Power-Point-Präsentation und das Referat zum Thema Buddhismus, wie er von Indien nach China kam, voll verfolgen. Rainer Hoffmann ist ein ausgezeichneter Referent, glänzt mit bildhaften Schilderungen und erzählt in angenehm melodiöser Sprache die Kultur Chinas über die Jahrtausende - und bleibt selbst immer bescheiden. Er schaut nicht auf die Uhr und hätte die Zeit überschritten, wenn nicht seine Tochter aufgepasst hätte. Auch wir Zuhörer blieben bis zum Schluss hellwach, waren fasziniert und staunten über solche Fähigkeiten und den einen weiten und neuen Horizont öffnenden Inhalt des Gehörten.

Liebe Grüsse - und ungetrübte Freude oder/und gute Fortschritte!

Alois-Erwin, Picasa-Webler

Marlis & Matthias hat gesagt…

@Arno: Für Puerto Montt ist es jetzt zu spät. Wir haben bereits unser nächstes zivilisiertes Plätzchen in Puerto Varas gefunden...
@Gabriel: Schön, dass jemand feststellt, wie gut wir planen :-)
Wie und wohin wir genau weiter reisen prüfen wir sorgfältig, auch im Austausch mit anderen Leuten, die uns Auskunft geben können.
Danke auch für die zusätlichen Tsunami-Infos. Was die Situation in Quellon betrifft, so fühlten wir uns verarscht, weil wir - vor allem auch wegen sprachlicher Hürden - keinen Zugang zu zuverlässigen Informationen hatten. Jeder erzählte uns, wie gefährlich es sein würde, ohne aber zu sagen (wissen?), was genau für eine Warnung abgegeben wurde.
Das "lustig machen" der einen über die anderen ist wahrscheinlich genauso deplatziert wie die kaum begründete (und leider ansteckende) Panik der anderen. Beide Seiten gehören zum Menschen und es kommt auf den Blickwinkel an, was gerade passend oder eben unpassend scheint.
@Alois-Erwin: Wir freuen uns, wenn nicht alle unserer vielen Fotos Ausschuss sind, danke! Das Foto von uns ging nicht vergessen, sondern hat den Qualitätsansprüchen für die Veröffentlichung nicht genügt...

Gabriel hat gesagt…

Welche Route Marlis und Matthias am besten nehmen, kann ich nicht sagen. Sie können die Situation vor Ort sicher am besten abschätzen.

Zur Tsunami-Warnung: Es hört sich halt ein wenig wie Äsops Fabel "Der Hirtenjunge und der Wolf" an. Ich hoffe aber, dass ihr Warnungen trotzdem ernst nehmt. Tsunamis sind nicht einfach festzustellen, bevor sie Land erreichen, und die Warnungen erreichen Bürger vielleicht nicht so einfach wie es in Japan geschieht (wenn man in Japan während eines Erdbeben den Fernseher einschaltet, kriegt man schon erste Berichte über Ort, Stärke und Tsunami-Wahrscheinlichkeit, während im Studio noch alles wackelt! - ganz abgesehen davon, dass je nach Distanz zum Epizentrum bis zu Sekunden vor dem Beben gewarnt wird und Lifte und Züge z.T. automatisch angehalten werden)

Moni hat gesagt…

Liebe Leute. Sehr interessant von euch zu lesen. Wann werdet ihr auf meine Hoehe kommen? Hoffe es gehe euch weiterhin gut und ohne gefaehrliche Hindernisse zu haben. Es wird jedoch eine Lebens interessante und vergessliche Geschichte bleiben. Tut jedoch gut so etwas ganz ungewoehntes zu erleben un tun. Seid nun ganz herzlich gegruesst, Moni.

Simoeni hat gesagt…

Hallo ihr beiden

spannend spannend - warte jede Woche auf euren neuen Eintrag.

In Bariloche ist sonst das Hostel Las Moiras ganz i.o. und gut gelegen.

Geniesst es und take care

Liebe Grüsse
Simone

Marlis & Matthias hat gesagt…

@Moni: Wir melden uns per Mail.
@Simone: Danke für den Tipp! Diesen haben wir erst in unserer günstigen Jugendherbere ausserhalb Bariloche am Circuito Chico gesehen und die Unterkunft nicht mehr gewechselt... Zwar nicht gerade neben all den Chocolaterias, dafür wahrscheinlich umso günstiger :-)