Ausserhalb Puerto Varas, dem See Llanquihue Richtung Osten entlang, kamen wir uns vor wie in der Schweiz: Eine gute Teerstrasse durch schöne Wälder, Villen euopäischen Baustils am See mit Bergsicht auf den Vulkan Osorno, herrlich angenehmes Sommerwetter. In dieser Region ist deutsch sogar, nach englisch, die zweite Fremdsprache, weil viele Deutschsprachige hierher ausgewandert waren.
Wir hatten uns aufgrund der Beschreibung unseres Radreiseführer für die etwas teure, dafür umso spektakulärer beschriebene 3-Seenroute durch zwei Nationalparks nach Bariloche entschieden. Am ersten See in Petrohue fanden wir einen Campingplatz direkt am Strand in genialer Bergkulisse. Wir fühlten uns privilegiert, an so einem schönen Ort übernachten zu dürfen.
Es schien schon bei unserer Ankunft, dass der Campingplatz am Fusse des Osorno vor noch nicht allzu langer Zeit überschwemmt worden war. Die Szenerie und die halbwegs im Schlamm steckenden Tische erinnerten uns an Chaiten (vgl. Eintrag vom 11. März). Der anwesende Parkwächter versicherte uns jedoch, dass mit der Scheeschmelze und dem Regen immer wieder Sedimente vom Osorno hergeschwemmt würden und die Situation ganz normal sei.
Mit dem Regen kam nun das Wasser. Weil ein festgelegtes Flussbett fehlte, suchte es sich sehr individuell seinen eigenen Weg durch den Sand. Wir konnten so live mitverfolgen, wie durch schnelle Erosion eine Mikrolandschaft von Flüssen und Schluchten entstand und sich veränderte. Irgendwie ähnlich müssen wohl auch die "echten" Landschaften entstanden sein.
Leider hatten wir auch am nächsten Tag kein Wetterglück, wollten aber nicht nochmals einen Tag mit Warten verbringen. Wir konnten uns also nur vorstellen, wie sich die Berge links und rechts vom Ufer des Lago Todos los Santos ("Allerheiligensee", seine Entdeckung wird auf einen Allerheiligen datiert) erhoben.
Unser Zelt durften wir für die nächste Nacht am Wegrand bei einem Carabinero-Posten im "Nichts" aufschlagen. Wir haben keine Ahnung, warum auf dieser Strasse zwischen Peulla (Chile) und Puerto Frias (Argentinien) nach der Grenzkontrolle nochmals ein Aussenposten steht. Der einzige Verkehr hier sind die zweimal pro Richtung verkehrenden Touristenbusse zwischen den angrenzenden Seen. Einen anderen Zugang auf diese Strasse gibt es nicht, auch Fähren verkehren auf den angrenzenden Seen keine. Der fehlende Verkehr war für uns sehr attraktiv und die Schotterstrasse erstaunlich gut. Wir konnten nochmals Regenwald und die am Strassenrand reifenden Brombeeren ganz alleine für uns geniessen. Leider ohne Aussicht, aber das müssen wir nun wohl einfach akzeptieren.
Auch auf den beiden nachfolgenden Schiffsfahrten auf dem Lago Frias und dem Lago Nahuel Huapi bis kurz vor Bariloche begleiteten uns tief hangende Wolken und Regen. Irgendwie fasziniert und doch wegen des Wetterpechs etwas enttäuscht von der zurück gelegten Strecke machten wir nun ein paar Tage Pause in Bariloche. Wir stellen fest, dass man auch mal Ferien von den Ferien braucht um all die erhaltenen und immer wieder wechselnden Eindrücke zu verarbeiten. So erkunden wir die faszinierende Seen-, Insel- und Berglandschaft für einmal ohne Gepäck und unterdessen wieder bei schönem Wetter.
Ein Fragezeichen ist für uns die anscheinend sehr gute argentinische Schokolade: In den in Bariloche omnipräsenten Chocolaterias gibt es eine riesige Auswahl leckerer, handgefertigter Schokolade. In den argentinischen Supermärkten lässt sich - im Gegensatz zu chilenischen - hingegen nur mit Mühe gute Schokolade finden. Und wenn, dann ist es Toblerone oder Milka...
Unser weiterer Weg führt uns durch die argentinische und chilenische Seenlandschaft nach Temuco, zurück nach Chile. Wir sind gespannt auf die Vulkane, an denen wir vorbei fahren werden. Vielleicht reicht es sogar für einen Blick in einen dampfenden Krater?
Beste Grüsse
Marlis & Matthias