Mittwoch, 30. Juni 2010

Wieder zu Hause: Kurzer Rückblick und etwas Statistik

Die Rückreise in die Schweiz verlief nicht viel anders als wir es erwartet hatten. Die Zeit zwischen dem Verlassen unseres letzten Hostels und der Ankunft in Zürich war – wie auf Rückreisen wahrscheinlich häufig – lang, unbequem und irgendwie gar nicht mehr richtig zu unserem Flitterabenteuer gehörend. Trotzdem, wir überstanden die 20 Stunden gut, ganz im Gegensatz zu Matthias‘ Velo. Das Vorderrad wollte nicht mehr in die Gabel passen...

Statt möglichst rasch die Velos zusammen zu setzen und die auf uns wartende Familie zu treffen, musste zuerst ein Damaged Baggage Report ausgefüllt und Lösungen für den sinnvollen Velo- und Gepäcktransport gesucht werden. Eine Stunde nach Landung waren wir jedoch auch durch und erfreuten uns am Austausch mit dem "Empfangskomitee". Vielen Dank für das Abholen am Flughafen!

Mit Freude und auch etwas Stolz schauen wir jetzt auf unseren erfüllten Flitterabenteuertraum zurück. Wir haben sehr vieles erlebt und einige Herausforderungen gemeistert. Mit unseren Rädern haben wir für uns neue, imposante Landschaften entdeckt. Von patagonischer Pampa ging es durch chilenischen Regenwald ins chilenisch-argentinische Seengebiet, dann von den Quebrada-Landschaften rund um Salta rauf in das karge Andenhochland auf den Altiplano mit dem Salar de Uyuni und schliesslich mitten ins Inkareich nach Cuzco und Machu Picchu. Irgendwie unglaublich, wie viel in diesen sechs Monaten Platz hatte!
Wir sind dankbar, dass wir keine grösseren technischen oder gesundheitlichen Probleme hatten und dass wir bei nahezu hervorragenden Bedingungen die normalerweise regnerische Carretera Austral und die anspruchsvolle Lagunenroute erleben durften.

Nach ein paar Tagen ausklingen und angewöhnen beginnt am 1. Juli wieder der Arbeitsalltag. Wir werden uns nach einem halben Jahr freier Tagesgestaltung wieder an vorgegebene Tagesabläufe mit unterschiedlichsten Verpflichtungen gewöhnen müssen. Das "ewige" Zusammensein haben wir - entgegen einzelner Befürchtungen - sehr genossen und wir stellen mit etwas Wehmut fest, dass wir nun wieder bewusst gemeinsame Zeitfenster reservieren müssen. Aber auch das werden wir meistern :-)

Wir danken allen, die unseren Blog mit ihren persönlichen Kommentaren belebt haben oder auf andere Art an unserer Reise teilnahmen. Um den Dialog noch etwas zu intensivieren führen wir bei Interesse gerne je einen Fotoabend in den Regionen Bern und Herisau durch. Interessierte tragen sich bitte in folgender, anonymisierter Doodle-Umfrage ein: http://www.doodle.com/n93ug9m53vz5bscn.

Zum Schluss noch einige statistische Angaben:
Velotage / Sonstige Aktivitäten / Pausentage ohne "Programm"105 / 21 / 50
Gesamtstrecke / durchschnittliche km pro Tag5543 km / 52.8 km
Total Fahrzeit / durchschnittliche Fahrzeit pro Tag466 h / 4h 44min
Total HöhenmeterViele. Wegen eines höhenkranken Velozählers leider nicht erfasst.
Nächte im Zelt / Unterkunft, Hostel / Bus90 / 81 / 4
Pannen1 gebrochene Speiche, diverse lockere Schrauben, kleinere Transportschäden, keinen Platten (!)
Anzahl Grenzübertritte11 (5 x Chile, 4 x Argentinien, je 1 x Bolivien und Peru)

Liebe Grüsse
Marlis & Matthias

Donnerstag, 24. Juni 2010

Rund um Cuzco: Im Reich der Inkas

Trotz einigen leeren Versprechungen (die "interessanteren Routenoptionen" waren inexistent, die Bikeroute entsprach nicht den Angaben) und nur teilweiser Zufriedenheit mit der Agentur, bei welcher wir Machu Picchu gebucht haben, entschieden wir uns, bei demselben Anbieter weitere drei Touren zu buchen. Diesmal handelten wir einen anständigen Rabatt aus und bezahlten erst mal nur Tour Nummer eins. Unser Misstrauen war noch nicht ganz verflogen und schliesslich wollten wir aus den begangenen Fehlern und Erfahrungen etwas lernen. Somit blieb uns die Möglichkeit offen, bei unbefriedigendem Preis-Leistungsverhältnis die zwei weiteren Touren bei einem anderen Anbieter zu buchen.
Wegen angekündigten Strassenblockaden in und um Cuzco bot sich die City-Tour per Mountainbike an, denn mit dem Velo konnten wir die Hindernisse leicht umfahren. Zusammen mit unserem Guide Cesar genossen wir einen herrlichen Tag ohne Gepäck und mit gefederten Bikes. Die Landschaft gefiel uns sehr gut und die technischen Singletrails übertrafen unsere Erwartungen. Nur die Bikes hätten noch etwas besser bremsen und schalten können.


Wir erfuhren viel Interessantes über Land und Leute und besuchten einige archäologische Stätten. Cesar nahm uns mit auf eine Reise durch das Reich der Inkas. In Tambomachay, einer Erholungs- und Kultstätte der Inka, erfuhren wir, dass das Wasser des genial gebauten Inkabrunnens anscheinend für unser peruanisches Lieblingsbier "Cusqueña" verwendet wird.
Tambomachay, der Brunnen ist links in der Mitte zu erkennen.

In Qenqo war es ein Opfertisch in einer Höhle, der uns zum Staunen brachte und in Sacsayhuaman beeindruckten uns die riesigen, perfekt bearbeiteten und aufeinander passenden Felsen. Kaum vorstellbar, wie die Inkas diese Steine bewegten, schliffen und zu Mauern zusammenbauten.
 Quenqo: Riesiger gemeisselter Opfertisch in einer Höhle.

Riesige Mauersteine in Sacsayhuaman.

Wir waren mit dem Tag durchaus zufrieden und fühlten uns wie auf einem Bikeausflug unter Kollegen. Unser Bild von Peru korrigierte sich langsam wieder in Richting "positiv". Müde, aber um viele interessante Informationen reicher kehren wir ins Hostal zurück und freuten uns bereits auf den kommenden Tag.

Die Bike-Tour Nummer zwei führte uns ins Valle Sagrado (Heiliges Tal). Leider war nicht die ganze Strecke an einem Tag per Bike möglich. So legten wir einige Kilometer per Taxi zurück und wissen seither, dass im Kofferraum eines Kombis problemlos drei Velos Platz finden. In einem kleinen Tierpark hatten wir endlich die Gelegenheit, unsere Spekulationen über die Unterscheidung von Lamas, Alpakas, Guanakos und Vicuñas durch Fakten zu ersetzen. Es dürfte aber weiterhin schwierig bleiben, denn es gibt Kreuzungen, welche eine eindeutige Zuteilung erschweren. Jedenfalls haben wir uns köstlich amüsiert ab den witzigen Vierbeinern.
Ein Alpaka Suri, das nur alle zwei Jahre geschert wird.

Ein frisch geschertes Lama.

Ein paar ganz "normale" Alpakas (ganz rechts Marlis, kein Alpaka).

Zusätzlich zum Streichelzoo werden hier die Tiere geschoren und deren Wolle mit natürlichen Farben auf urtümliche Weise eingefärbt und von Hand verarbeitet. Die Produkte sind wunderschön, jedoch sündhaft teuer.
Mit diesen natürlichen Rohstoffen wird die Wolle gefärbt.

Unser nächster Stopp war bei den archäologischen Stätten von Pisac.

Hier haben uns - nebst den steilen, im Felsen gebauten Treppen - die Inkagräber am meisten fasziniert. In einem Steilhang sind diverse Löcher und einige Bruchstücke von Inkamauern zu sehen. Da wurden die mumifizierten Toten begraben. Auf die ewige Reise wurden ihnen wertvolle Gegenstände mitgegeben, welche aber allesamt geplündert wurden.

Im Städtchen Pisac kämpften wir uns durch den farbenprächtigen Markt. Wegen fehlender Touristen waren wir ein gefundenes Fressen für die aufdringlichen Verkäufer/innen. Trotzdem schafften wir es, ein paar preiswerte Souvenirs zu kaufen. Den Aufenthalt hielten wir kurz, denn anstatt die Zeit mit nervenaufreibenden Preisdrückerspielchen zu verbringen, wollten wir lieber noch einige Bikestrecken abseits der Hauptpiste bewältigen. So durchfuhren wir dank Cesar das Heilige Tal der Inkas auf Wegen, die wir alleine nie befahren hätten.

Nach dem späten Mittagessen stiegen wir auf einen Bus um, damit es auch für das entfernte Ollantaytambo reichen würde. Dabei kamen wir nochmals in den Genuss hautnah erlebter peruanischer Kultur. Auf dem Dach unseres Busses befanden sich nebst einigen Gepäckstücken zwei Schafe. Zudem musste der Sitzplatz im Bus erkämpft werden: Brav folgten wir den Anweisungen Cesars und drängelten ohne jegliche Rücksichtnahme in den Bus. Im vollgestopften Fahrzeug ging es nur harzig voran. Der Chauffeur schien Bedenken zu haben wegen der Strassenblockaden. Die ungeduldigen Passagiere riefen durcheinander, er solle endlich loslegen, es gäbe keine Probleme und sie hätten schliesslich etwas bezahlt. Die Zurufe bewegten sich zwischen Ermutigungen, Beleidigungen und forschen Befehlen. Schliesslich setzte sich die Masse durch. Es ging eine Weile gut voran, bis die Strasse entgegen aller Beteuerungen von vorhin blockiert und für Autos unpassierbar war. So stiegen wir alle aus und die kommenden Kilometer mussten zu Fuss zurück gelegt werden. Immer wieder mussten Hindernisse überschritten werden. Diese waren kreativ gestaltet: Wir fanden riesige Felsbrocken, Kakteen, Scherben, Sträucher, Baumstämme, Metallrohre sowie demonstrierende Menschen. Für uns war längst klar, dass der geplante Besuch von Ollantaytambo, einer weiteren Inka-Stätte, vor Einbruch der Dunkelheit nicht mehr möglich sein würde. Etwas enttäuscht nahmen wir die Planänderung zur Kenntnis und wandern bis Urubamba, wo wir das erste anhaltende Taxi Richtung Cuzco erkämpfen.

Mittlerweilen wussten wir, wie man sich dabei anstellt. Trotzdem bliebt einiges an Unverständnis zurück. Unser Guide fegte einen bereits halb sitzenden Passagier von dessen Platz. Dieser machte sich nach einem kurzen, heftigen Wortwechsel verärgert aus dem Staub. Wir sassen im Taxi und waren froh, damit "nichts" zu tun zu haben. Eine Frau, die lange um eine Mitfahrgelegenheit bettelte, fand schliesslich im Kofferraum einen Platz. So geht das hier zu und her. Einmal mehr neigte sich ein ereignisvoller Tag dem Ende entgegen.

Bei der dritten und letzten Tour besuchten wir Moray. Die in Kreisform angelegten Terrassen wurden anscheinend für experimentelle Zwecke genutzt. Auf den 11 Terrassen, welche in insgesamt 30 Meter Höhenunterschied angelegt sind, konnten die Inkas herausfinden, in welcher Höhe welche Sorte Getreide, Kartoffeln oder Mais am besten gedeihen. Wir hatten uns die Anlage bedeutend grösser vorgestellt und waren somit nicht ganz so beeindruckt davon. Dass damit ein Mikroklima erreicht wird, anhand dessen man einen Höhenunterschied von 1000 Metern pro Terrasse simulieren kann, konnten wir uns nicht vorstellen. So blieben dazu einige Fragezeichen.

Über herrliche Singletrails ging es weiter zu den Salzterrassen von Maras.


Diese beeindruckten uns bedeutend mehr. Hier wird Salz in grossen Mengen gewonnen und mit Jod angereichert, so dass es für uns Menschen essbar wird. Wir spazierten den Terrasssen entlang und bewunderten diese Anlage. Auch sie ist ein Überbleibsel der Inkas.


Als letzter Besuch waren die am Vortag ausgelassenen Ruinen von Ollantaytambo angesagt. Cesar fand aber plötzlich, dass es mit den Velos zu kompliziert sei, drückte uns etwas Geld in die Hand und liess uns diesen Ort alleine besuchen. Etwas erstaunt über den schnellen Abschied besuchten wir die gut erhaltene Inka-Stätte auf eigene Faust. Ohne Guide war es leider nur halb so spannend. Trotzdem waren wir begeistert von den ausgeklügelten unterirdischen Wassersystemen und den perfekt aus dem Felsen gemeisselten (?) Steinbrocken. Auch die Frage, wie einige gigantische Steinwände den Weg an ihren Platz gefunden hatten, bleibt unbeantwortet. 


Dafür war das Busfahren spannender... Leider erwischten wir für die Heimfahrt einen "Bummler" mit Umweg, was uns beinahe das gemeinsame Abendessen mit Moni, Flo und Martina - sie sind auch mit dem Fahrrad unterwegs und wir haben sie zum ersten mal im Torres del Paine (Chile) getroffen - kostete. Schliesslich schafften wir es aber noch rechtzeitig zurück nach Cuzco und wir genossen den spannenden Austausch mit den Dreien.

Die letzten Tage in Cuzco verbrachten wir mit dem Verfolgen des bedauerlichen Fussballspieles der Schweiz gegen Chile und dem Einkaufen einiger Souvenirs.
Eine 20stündige Busfahrt - mit Panoramasitz in der vordersten Reihe des oberen Stockes - brachte uns schliesslich nach Lima. Entgegen aller Befürchtungen verging die Zeit schnell, es war warm und das Klo funktionierte anstandslos.

Morgen Abend geht es via Madrid zurück in die Schweiz. Wir kommen am 25. Juni 2010 - wenn alles planmässig verläuft - um 18.35 Uhr im Flughafen Zürich an und freuen uns auf unser eigenes Bett.

Liebe Grüsse
Marlis & Matthias

Sonntag, 20. Juni 2010

Machu Picchu: Son locos, los Inkas!

In Cuzco einen Anbieter für eine Tour nach Machu Picchu zu finden ist einfach: Viele Geschäftseingänge beherbergen - häufig neben Souvenirs, Geldwechsel, Internet, Lebensmitteln oder gar einem Café - irgendeine Agentur, welche dieselben Touren wie alle anderen anbietet. Etwas schwieriger ist es, einen Anbieter zu finden, dessen Leistungen man vertraut.

Da der "original" Inka Trail erstens sehr teuer (bis über 600 Fr./Person) und zweitens für die nächsten drei Monate ausgebucht ist, entschieden wir uns für die Alternative "Inka Jungle Trail". Wir klapperten bei einem Stadtspaziergang diverse Büros ab. Alle boten mehr oder weniger dasselbe zwischen 160 und 195 USD an. Unterschiede konnten wir kaum ausmachen. Der günstigste bot einfachste Familienunterkünfte im Mehrbettzimmer ohne heiss Wasser an, der teuerste versprach uns anständige Doppelzimmer sowie interessantere Routenoptionen. Trotz der riesigen Konkurrenz schafften wir es nicht, einen Rabatt auszuhandeln und buchten bei letzterem...

Wie von der Agentur versprochen, wurden wir pünktlich in unserem Hostel abgeholt. Unter "wir holen euch im Hotel ab" hatten wir uns einen Bus vorgestellt. Der Guide kam jedoch zu Fuss und begleitete uns zum Sammelplatz, wo wir auf die übrigen vier Mitausflügler trafen.
Zuerst gings mit dem Bus durch das heilige Tal der Inkas auf den Abra Malaga (4350 M.ü.M), von wo wir mit gerade noch funktionierenden Mountainbikes Richtung Santa Maria (1430 M.ü.M) in der peruanischen Selva fuhren.
 

Im Dörfchen vor dem ersten Gegenanstieg - nach ca. 3 Stunden abwärts fahren - verluden wir die Bikes wieder. Gemäss Agentur hätten wir diese Auf-und-ab-Strecke mit den Bikes fahren sollen, von Verlad war nie die Rede. Nun ja, so waren wir etwas früh in Santa Maria, wo wir die lange Wartezeit bis zum Nachtessen mit einem Kaffeeplantagenbesuch und Kartenspiel verkürzten.

Am zweiten Tag waren sieben bis acht Stunden Dschungel-Trek angesagt. Wir wanderten durch eine für uns neue Vegetation, entlang an Bananenstauden, Kaffeesträuchern, Kokaplantagen, Avocadobäumen und diversen anderen exotischen (Frucht)Pflanzen. Ab und zu gab es eine frischgepflückte Orange, Guave, Maracuja oder ähnliche Frucht zum probieren. Nicht alle waren gleich schmackhaft, aber interessant war es alleweil.

Der Weg führte uns mit unterschiedlichem vertikalen Abstand entlang des Flusses Urubamba (resp. Vilcamayo in Quechua, der Sprache der Inka). Für ein paar hundert Meter benutzten wir einen Inka-Pfad. Es ist schon ein spezielles Gefühl, wenn man auf einem vor über 500 Jahren von den Inkas in unwegsamem Gelände aufwendig angelegten Pfad geht.

Die letzten Kilometer bis Santa Theresa konnten wir wegen der Erdrutsche anfangs dieses Jahres nicht auf dem Wanderweg fortsetzen und folgten der Strasse. Schon bald hielt ein kleiner Lastwagen an, der uns auf seine Ladefläche einlud. Wir konnten diesem Erlebnis nicht widerstehen und liessen uns bis Santa Theresa durchschütteln.

Der dritte Tag begann mit einer Seilbahn-Flussüberquerung, dann ging es bis zum Mittagessen mehrheitlich einer wenig spektakulären Schotterstrasse entlang.

Nach der Mittagspause in Hidroelectrica (Wasserkraftwerk und Endstation der Bahnlinie, welche von Cuzco nach Machu Picchu führt) folgten wir den Bahnschienen. Zum Glück verzichteten wir auf die Versuchung, die letzten Kilometer bis Aguas Calientes (sozusagen das Basislager für Machu Picchu-Touristen) mit dem Zug zu fahren. Hier erwartete uns der schönste Abschnitt des ganzen Treks: In extrem grüner, dschungelartiger Umgebung und inmitten eindrücklicher Berge und Felswände folgten wir den Schienen und dem Fluss.

Ab und zu konnten wir gar einen Blick auf Teile von Machu Picchu erhaschen (im Bild unten ganz oben links).

Wir genossen es, uns per Bike-/Trekkingtour langsam dem mystisch anmutenden Machu Picchu zu nähern und dabei nochmals eine für uns neue Landschaft kennen zu lernen. Nun trennte uns nur noch eine kurze Nacht vor diesem Highlight...

Tagwache war um 4.30 Uhr. Eine halbe Stunde später waren wir bei der Bushaltestelle, wo schon hunderte andere Touristen auf den ersten Bus von 5.30 Uhr warteten. Obwohl wir mit einem grösseren Andrang gerechnet hatten, erstaunte uns diese Menge. Die Busse fuhren jedoch im Minutentakt ab, so dass wir trotzdem zur Türöffnung um 6 Uhr in Machu Picchu ankamen. Dort trafen wir auf unseren Guide, der uns durch die Ruinen führen sollte. Wir konnten wählen, ob wir einer englischen oder spanischen Führung folgen wollten. Weil uns der spanisch sprechende Guide sympatischer war und das Englisch des anderen wenig überzeugte, folgten wir dem kleineren spanischen Grüppli. In den letzten sechs Monaten hatten wir "on the trip" genügend spanisch gelernt, dass wir den Ausführungen des Guides ohne grössere Verständnisschwierigkeiten folgen konnten. Darauf sind wir natürlich auch ein bisschen stolz :-)
Terrassen und Häuser am Haupteingang zu Machu Picchu
Im Hintergrund der namengebende Berg Machu Picchu ("Alter Berg"),
zuoberst das Wächterhaus, von wo man das typische Machu Picchu Foto schiessen kann.

Im Anschluss an die Führung bestiegen wir den Huayna Picchu ("Junger Berg"). Der Zugang ist aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der Ruinen und Wege auf 400 Leute pro Tag beschränkt. Als Frühanwesende hatten wir kein Problem, einen der Zugangscoupons zu erhalten.
Machu Picchu wie wir es bisher von Bildern kannten.
Der grosse Berg ist Huayna Picchu.

Der Weg auf den Huayna Picchu ist extrem steil. Am Berg sind Terrassen angelegt, deren Wände mit der fast senkrecht abfallenden Felswand verschmelzen. Geländer gibt hier keine. Ein Fehltritt und man fände sich im mehrere hundert Meter tiefer fliessenden Fluss Urubamba wieder. Für uns unbegreiflich, wie und warum die Inkas in solchem Gelände Wege, Terrassen und Gebäude bauen konnten.
Aussicht vom Huayna Picchu. Links Zufahrtstrasse und Haupteingang,
rechts der Fluss Urubamba mit Eisenbahnstrecke, der wir am Vortag entlang gewandert sind.

Am Huayna Picchu wanderten wir zu einem abgelegenen Mondtempel, der nur von wenigen Touristen besucht wird. Der steile Weg führte uns durch dschungelartigen Wald und an steilen Felswänden vorbei.

Aussen- und Innenansicht des Mondtempels.
Dieser abgelegene Tempel ist erstaunlich fein gemauert.

Nach der gut dreistündigen Wanderung gönnten wir uns das Picknick auf dem anderen Berg neben Huayna-Picchu. In diesem von Touristen überfluteten Ort waren wir ganz alleine und genossen den Ausblick auf die vor uns liegende mystische Stadt.

Dann gings weiter durch die Ruinenstadt und die etwas ausserhalb gelegene "Zugbrücke". Diese wurde erst vor ein paar Jahren restauriert und liegt an einem verfallenen Inka-Pfad. Auch hier fragen wir uns, wie die Inkas auf die Idee kamen, hier durch einen Weg zu bauen.

Der Pfad führt mitten durch die Felswand...

Die restliche Zeit bis zur Schliessung um 17 Uhr genossen wir nochmals den Anblick dieses beeindruckenden Ortes. Kaum vorstellbar, wie die Inkas zu jener Zeit all diese Kunstwerke geschafft hatten. Wie die Stätte wohl vor Ankunft der Spanier ausgesehen hat? Schade, dass die Inkas keine Schrift kannten und somit vieles Spekulation und Interpretation ist (nicht einmal der ursprüngliche Name Machu Picchus ist bekannt). Gleichzeitig macht gerade dieser Umstand die Geschichten um die Inkas rätselhaft, mystisch und faszinierend. 

Hier noch ein paar weitere Eindrücke:
Vorne das Gefängnis, in der Mitte der Sonnentempel und hinten links das Wächterhaus.

Der Tempel der drei Fenster, der durch besonders fein geschliffenes Mauerwerk auffällt.

Blick auf die Handwerkerzone in der Abendsonne.

Lamas auf einer der obersten Terrassen Machu Picchus.

Am gleichen Abend - leider erst kurz vor 22 Uhr gings dann per Zug und Bus wieder zurück nach Cuzco. Um zwei Uhr waren wir wieder in unserem Hostel. Erschöpft aber tief beeindruckt vom Erlebten fielen wir ins Bett. Nach einer eher kürzeren Nacht waren wir morgens um 9 Uhr wieder bereit mitzuverfolgen, wie die Spanier sich an den Schweizern die Zähne ausbissen. 

Die restlichen Tage verbringen wir in Cuzco, wo wir noch ein paar weitere Sehenswürdigkeiten besuchen werden. Am 22. Juni geht es per Bus nach Lima, von wo aus es dann endgültig nach Hause geht. Am Freitagabend kommen wir gerade rechtzeitig für das dritte Schweizer Fussballspiel in Zürich an.
Beste Grüsse
Marlis & Matthias

Samstag, 12. Juni 2010

Cuzco: Gegensätze am Strassenrand


Für einmal war unsere Etappe von Puno nach Cuzco eher geprägt von Begegnungen mit Leuten - Einheimischen wie anderen Reisenden - statt von spektakulären Landschaften.

Der Austausch mit anderen Reisenden ist jeweils sehr unterschiedlich. An unserem ersten Tag nach Puno kreuzten wir zwei Toureros und Martin, ein Brite der seit bald vier Jahren von Mexiko zu Fuss unterwegs ist. Mit dem ersten Tourero plauderten wir sicher länger als eine halbe Stunde über die unterschiedlichsten Dinge (Reise, Route, Hostels, Velos, Begegnungen, Erlebnisse etc.), beim zweiten gabs nur einen kurzen, trockenen Austausch über Start und Ziel der Reise und schon verabschiedete sich der ältere deutsche Herr wieder von uns...
Der Austausch mit Martin war alleine durch seine spezielle Reiseweise interessanter. Er beklagte sich, dass er die Leute in dieser Region eher unfreundlich oder gar feindlich erlebe. Bis auf ein paar einzelne von uns als weniger herzlich empfundene Gringo-Nachrufe konnten wir sein Empfinden (noch) nicht verstehen. Meistens grüssen nämlich die Leute auch in Peru freundlich oder gar herzlich.

Trotz der immer dichteren Besiedlung gelang es uns jeweils, ein einigermassen geschütztes resp. abseits liegendes Zeltplätzchen zu finden. An einem Übernachtungsplatz bekamen wir gar einen peruanischen Güterzug geschenkt :-)

Mit dem Pass Abra la Raya (4340 M.ü.M) liessen wir den Altiplano definitiv hinter uns. Es stand eine lange Abfahrt bis auf 3100 M.ü.M. bevor.

Wir konnten wie geplant bei den Thermas mit dem Allerweltsnamen "Aguas Calientes" übernachten. Zwar erschraken wir bei Ankuft ab dem sonntäglichen Trubel dort. Vor dem Eingang hatten sich jenste Indigenas mit ihren Verkaufsständen installiert, die Pools waren voll und alles sah sehr organisiert aus. Zu unserem Erstaunen durften wir unser Zelt ein paar Meter neben einem Warmwasserbecken aufstellen und zahlten dafür gerade mal umgerechnete vier Franken. Doch schon bald verliessen die Massen "unseren" Zeltplatz.
Das Wasser wird von den auf dem Gelände befindenden Heisswasserquellen gefasst und in Kanälen zu den Becken geleitet. Auch neben den gefassten Quellen blubberte stellenweise heisses Wasser und wir erinnerten uns zurück an das Geysirfeld Sol de Manana auf der Lagunenroute.

Da wir kein passendes Frühstück dabei hatten, wollten wir dieses im dazugehörenden Restaurant einnehmen. Nach kurzem Überlegen entschieden wir uns mangels Alternativen für eine frittierte Forelle und ein frittiertes Poulet mit Beilagen. Die Angelegenheit war (auch geschmacklich) ziemlich fettig, dafür hatten wir genügend Energie für die nächsten Kilometer abwärts...

Die Landschaft wurde immer fruchtbarer und überall sahen wir bewirtschaftete Felder. Terassen scheinen hier weniger genutzt zu werden, stattdessen werden erstaunlich schräge Äcker bis hoch die Hänge hinauf angelegt. Keine Ahnung, wie lange der (Fuss)Weg zu einem der obersten in Anspruch nimmt und wieviel Zeit für Feldarbeiten übrig bleibt.

In Raqchi wollten wir die Ruinen des Inkatempels Wiracocha besuchen. Auf der Plaza fand gerade ein Folklore-Tanzwettbewerb statt. Die unterschiedlichen Trachten und Tänze waren eine spannende Überraschung, die uns länger verweilen liess.


Die anschliessende Besichtigung der Ruinen war zwar nicht uninteressant, aber mangels Informationen wenig lehrreich. Wir konnten nur raten, wozu die Säulen, die systematisch angeordneten rechteckigen und runden Bauten gedient haben könnten.


Die "lange Abfahrt" zog sich dahin und teilweise war nicht viel von einer Abfahrt auszumachen. Hinzu kam, dass wir bis Cuzco immer öfters an Martin und die "feindlich gesinnte" Bevölkerung erinnert wurden. Oft werden wir wortlos angestarrt. Einige Male mussten wir uns unfreundliche Nachrufe gefallen lassen, ein ander Mal beschimpfte uns eine Frau von einem Acker am Wegrand (wir konnten nur den Gesichtsausdruck und das Verwerfen der Hände interpretieren, verstanden haben wir nichts) und noch ein ander Mal drohte ein Junge uns mit einem Stein zu bewerfen. Wir haben zwar auch Steine an Board, doch sind diese für die - bisher wirkungsvolle - Abwehr von bissigen Hunden gedacht, nicht für freche Kinder...
Diese Erlebnisse trugen dazu bei, dass uns beim wild campen manchmal ein ungutes Gefühl beschlich und wir bessere Verstecke aussuchten.

In den Dörfern leben praktisch nur Indigenas, wir hatten jedenfalls niemanden europäischer Abstammung gesehen. So fallen wir hier nicht nur durch unsere Art des Reisens auf, sondern auch durch unser Aussehen. Zudem steht unsere Hightech-Ausrüstung in starkem Kontrast zu den rudimentären Methoden, mit denen hier noch Landwirtschaft betrieben wird. Wenn wir zusehen, wie zwei Leute mit einfachen Hacken einen Acker pflügen, das Korn mit kleinen Handsicheln mähen, das ausgelegte Korn mit über das Getreide stampfenden Eseln oder Pferden dreschen und anschliessend mittels "in die Luft werfen" das Korn von der Spreu trennen, fühlen wir uns um Jahrhunderte zurück versetzt. Ob dieser Zeitsprung mit ein Grund ist für die unfreundliche Behandlung am Strassenrand?


Glücklicherweise gibt es aber auch viele freundliche Leute unterwegs (welche leider die negativen Erfahrungen trotz Überzahl nur teilweise wett machen können). So erklärte uns ein Souvenirverkäufer an den abgelegenen Mauerruinen von Rumicolca vieles über die Geschichte dieses früheren Eingangstors zum Inkareich. Wir realisierten, dass die geplanten Ruinenbesuche im heiligen Tal der Inka oder Machu Picchu ohne fachkundige Führung wenig Sinn machen würden.

In Cuzco war leider unser favorisiertes, von einem anderen Radlerpaar empfohlenes, Hostel ausgebucht. So machten wir uns auf die Suche nach einer valablen Alternative. Für einmal nahmen wir uns etwas mehr Zeit und klapperten diverse Hostels ab. Das als geeignet empfundene stellte sich - bedingt durch die zwei im voraus bezahlten Nächte - als Falle heraus: Mit der schwächer werdenden Sonne und dem fehlenden Glas bei einem Fenster war es unangenehm kühl, zum Gebrauch der versprochenen Küche hätten wir zuerst für den Preis einer weiteren Nacht Gas kaufen müssen, das Bett war schmuddelig und als wir uns nach drei Tagen ohne Waschen mal wieder duschen wollten kam nur kalt Wasser... Das war uns zuviel und wir wechselten das Hostel nach kaum einer Stunde. Schliesslich sehnten wir uns nach einer Oase, um uns nach dieser eher streng erlebten Etappe gemütlich ausruhen zu können.
Für die Rückzahlung der bereits bezahlten Nächte wurden wir dreimal vertröstet, dass der Kassier gerade nicht da sei. Beim vierten Besuch erklärte uns der Kassier, dass Peru (im Gegensatz zu unserem Herkunftsland) ein Rechtsstaat und ein Vertrag ein Vertrag sei. Wenn wir etwas wollten, sollten wir nochmals mit der Polizei kommen...
Das machten wir auch. Der nette Beamte versuchte eine Einigung herbei zu führen, scheiterte aber auch an der "Unmöglichkeit" der Stornierung der Zahlung. Wir hätten höchstens noch eine Anklage erheben können, was wir wegen des geringen Betrages und des riesigen Aufwandes bleiben liessen.

Nun befinden wir uns in einem guten Hostel wo wir uns erholen und auf das nächste Highlight - Machu Picchu - vorbereiten können. Dazu und auch für andere Sehenswürdigkeiten im Heiligen Tal der Inka werden wir voraussichtlich geführte Touren buchen, da wir nur so ausreichend Hintergrundinformationen zu diesen historischen Orten erhalten.

Somit waren dies wohl die letzten "richtigen" Velokilometer und dies das letzte Zeltplätzchen unserer grossen Reise (gleich hinter den Büschen verläuft die Strasse):


Liebe Grüsse
Marlis & Matthias